Statement von Andreas Kuhlmann zur Vorstellung der deutschen Klimabilanz 2020

Andreas Kuhlmann (Vorsitzender der dena-Geschäftsführung und Sprecher der Allianz für Gebäude-Energie-Effizienz) Foto: Deutsche Energie-Agentur GmbH (dena)

16.03.2021. Das Umweltbundesamt hat im Rahmen des neu eingeführten jährlichen CO2-Monitoring die Emissionsdaten aus 2020 vorgelegt. Zum ersten Mal dienen diese Zahlen zur Bewertung der im Klimaschutzgesetz verbindlich festgehaltenen Treibhausgasminderungsziele der einzelnen Sektoren. Bei Zielverfehlungen müssen die Bundesresorts des jeweiligen Sektors innerhalb von drei Monaten Sofortmaßnahmen vorlegen. Zu dem neuen Vorgang erklärt Andreas Kuhlmann, Vorsitzender der Geschäftsführung der Deutschen Energie-Agentur (dena):

„Mit den seit heute vorliegenden Zahlen beginnt ein spannender neuer Prozess auf dem Weg zur Klimaneutralität. Erstmals kommt der Kontroll-Mechanismus aus dem verabschiedeten Klimaschutzgesetz zum Einsatz. Ein für Deutschland neuartiges und innovatives legislatives Instrument mit enormen Auswirkungen auf die weitere Gestaltung der Klimaschutzpolitik in Deutschland.

Insgesamt sind die heute vorgelegten Zahlen – unabhängig vom Corona-Effekt – deutlich erfreulicher als es noch vor wenigen Jahren zu erwarten war. In allen Bereichen gibt es Fortschritte. Die Maßnahmen der letzten Jahre zeigen Wirkung. Lediglich der Gebäudesektor verfehlt die im Klimaschutzgesetz verankerten Zielvorgaben knapp. Bei Berücksichtigung der besonderen Effekte des vergangenen Jahres ist schon jetzt festzustellen, dass die Anstrengungen mit Blick auf die Erreichung der Klimaziele weiter verstärkt werden müssen.

Bei der weiteren Ausgestaltung des Kontrollmechanismus inklusive der Aufstellung von Sofortmaßnahmen wird es wichtig sein, die Zahlen und Effekte richtig einzuordnen. Viele Fördermaßnahmen aus 2020 sollten in diesem Jahr zu weiteren Einsparungen führen. Trotzdem ist klar, dass im Gebäudebereich noch viel Potenzial gehoben werden kann, zum Beispiel über Innovationen wie das serielle Sanieren, mehr Beratungen, einer besseren Nutzung von grünen Gasen, einer Steigerung der Gebäudeeffizienz, mehr erneuerbare Energien sowie durch ordnungspolitische Regelungen.

In einem ersten Schritt ist es nun am Expertenrat, die Emissionsdaten zu prüfen und zu bewerten. Sollte der Expertenrat sektorspezifischen Nachsteuerungsbedarf feststellen, muss der Gesetzeslage zur Folge das entsprechende Ministerium handeln. Allen beratenden und handelnden Akteuren dieses nun erstmals durchgeführten Kontroll- und Nachsteuerungsmechanismus kommt dabei eine hohe Verantwortung zu. Schließich geht es nicht nur um die Erreichbarkeit der Klimaziele, sondern auch um die Suche nach einer belastbaren Grundlage für die besten Wege, diese zu erreichen.

Dabei wird es zunächst entscheidend sein, die Datenlage für die einzelnen Sektoren des vergangenen Ausnahmejahres richtig einzuordnen und ihre Verhältnismäßigkeit und Schwankungsbreite zu bestimmen. Möglicherweise lassen sich daraus Verbesserungen für den Datenaufnahmeprozess in den Folgejahren entwickeln. Dabei gilt es auch abzuwägen, welche der jeweiligen Sondereffekte (u.a. Temperaturschwankungen, Corona-Auswirkungen, Vorzieheffekte aufgrund Mehrwertsteuersenkung und CO2-Bepreisung) beständig sind oder Ausnahmeerscheinungen bleiben. Dazu kommt, dass viele neue Maßnahmen aus dem Klimapaket oder dem Corona-Konjunkturprogramm aus dem Juni 2020 stammen und noch nicht ihre volle Wirksamkeit entfalten konnten. Auch das wird zu berücksichtigen sein, wenn es um die Ausgestaltung weiterer Instrumente geht.

Außerdem wird es wichtig sein, dass bei der Erstellung von Sofortmaßnahmen die sektorübergreifenden Aspekte einer Integrierten Energiewende nicht außer Acht geraten. Eine Erkenntnis der vergangenen Jahre ist, dass Maßnahmen vor allem dann effizient und wirksam sind, wenn sie sektorübergreifend gedacht und umgesetzt werden.

Der neue Prozess stellt die Akteure und am Ende das Klimakabinett vor große Herausforderungen. Sie müssen das richtige Maß finden und sollten ihre Bereiche nicht streng isoliert betrachten, auch wenn die Emissionsdaten dazu verleiten. Die derzeitigen Gespräche innerhalb der EU über Zielverschärfungen, machen den Prozess ebenfalls nicht einfacher.

Ich bin sicher, dass der Expertenrat der großen Aufgabe gewachsen ist und wertvolle Impulse für den weiteren Prozess liefern wird. Die dena bietet in diesem Prozess gerne Unterstützung für sektorspezifische Analysen und die Ausarbeitung von möglichen Verbesserungsvorschläge an. Das Monitoring der verbindlichen Treibhausgasminderungsziele ist ein wichtiges Instrument und kann zu einem zentralen Indikator auf dem Weg zur Klimaneutralität werden. Dafür brauchen wir eine solide Bilanz und Bewertung und sollten uns nicht scheuen, an erforderlichen Stellen Anpassungen vorzunehmen.“